====== Spaßguerilla ====== **Spaßguerilla** nannten erstmals in den späten 1960er / frühen 1970er Jahren die anarchistischen und [[sponti|spontilinken]] Gruppen, vor allem in Berlin, ihre politischen Aktionsformen, die vor allem durch Phantasie, Lustbetonung und den [[spass|Spaß]] für (fast) alle Beteiligten auffiel. Sicher war sie auch ein bewußter Gegenpol zu antimiperialistischen [[stadtguerilla|Stadtguerilla]]-Konzepten, die eher der deutschen Ernsthaftigkeit entsprachen. Das Ziel ist, die unlustige herrschende Ordnung [[subversion|subversiv]] aufzubrechen, durcheinanderzubringen oder zu stören. Ähnlich wie die in den 80er und 90er sich anschließende [[Kommunikationsguerilla|Kommunikationsguerilla]] gelten die Prinzipien der Verfremdung und Überidentifizierung. ===== Geschichte ===== Die Spaßguerilla geht zurück auf [[Provokation|provokative]] und phantasievolle politische [[Happening]]s, insbesondere der [[West-Berlin]]er [[Kommune 1]] und ihrer Protagonisten [[Fritz Teufel]], [[Dieter Kunzelmann]] oder [[Rainer Langhans]], die im Rahmen der Studentenrevolten der [[68er-Bewegung]] (vgl. auch [[Außerparlamentarische Opposition]] und [[Studentenbewegung]]) versuchten, mit neuen, [[alternative]]n Formen des Zusammenlebens und gemeinsamen politischen Handelns zu [[experiment]]ieren. Ein späterer Vertreter war unter anderem das Berliner [[Büro für ungewöhnliche Maßnahmen]]. Aus der Sponti-Linken entstanden, agierte die Spaßguerilla in ihrer [[Militanz]] lustbetont, lebensbejahend und antiautoritär. Damit hoben sie sich – durchaus gezielt – von den restriktiven Umgangsformen der [[K-Gruppe]]n und [[Antiimperialismus|Antiimperialist]]en und dem, aus [[Uruguay]] von den [[Movimiento de Liberación Nacional – Tupamaros|Tupamaros]] importierten, [[Stadtguerilla]]-Konzept der [[Rote_Armee_Fraktion|RAF]] ab und vertraten im Grunde eher [[Anarchismus|anarchistische]] [[Ideal (Philosophie)|Ideale]]. Aus der Sponti-Szene und Spaßguerilla ging die heute noch aktive Szene der [[Autonome]]n bzw. der Autonomen Gruppen hervor, die sich in den [[Neue soziale Bewegungen|Neuen Sozialen Bewegungen]], wie beispielsweise in der [[Antifa]], der [[Hausbesetzer]]bewegung, der [[Friedensbewegung]] oder bei den [[Atomkraftgegner]]n einbringen. Eine späte Folge der Spaßguerilla dürfte die Aufnahme des [[Shanghaier Kugelfischabkommen]]s in die hessischen Koalitionsvereinbarungen von 1985 gewesen sein. Im 21. Jahrhundert wurde der Begriff für die Online-Kultur und [[Netzkultur|Netzaktivisten]] angewendet, insbesondere auf [[anonymous|Anonymous]] und deren Abspaltung [[LulzSec]].((Deutschlandfunk: [[http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kommentar/1638651/|Richtungsstreit innerhalb der Anonymous-Bewegung]], 9. März 2012)) ===== Schreibweise ===== Die spanische und englische Schreibweise ist „guerrilla“ mit zwei „r“; hingegen schreibt man auf [[Dänische Sprache|Dänisch]], [[Deutsche Sprache|Deutsch]], [[Französische Sprache|Französisch]], [[Norwegische Sprache|Norwegisch]] und [[Schwedische Sprache|Schwedisch]] „Guerilla“ mit einem „r“. [[Fritz Teufel]] veröffentlichte im April 1980 ein Buch mit dem in lautgetreuer Schreibweise geschriebenen Titel //Märchen aus der Spaßgerilja// mit „lj“ und ohne „u“. ===== Siehe auch ===== * [[2. Juni]] * [[Blödoje]] * [[Diskordianismus]] * [[Dadaismus]] * [[Fritz Teufel]] * [[politische Aktion]] * [[Radio Alice]] * [[RZ]] * [[Situationistische Internationale]] * [[Erwin Scholz]] * [[Biotic Baking Brigade]] * [[Clownarmee]] * [[Front Deutscher Äpfel]] * [[Kommunikationsguerilla]] * [[Neue Linke]] * [[Wasserschlacht]] * [[Hedonistische Internationale]] * [[gnaa|GNAA]] ===== Literatur ===== * Fritz Teufel, Robert Jarowoy: //Märchen aus der Spaßgerilja.// Libertäre Assoziation, Hamburg / Verlag Roter Funke, Bremen 1980 (ohne [[Internationale Standardbuchnummer|ISBN]]). * AG Spass muß sein! (Hrsg.) : //Spassguerrilla. fantastische möglichkeiten – mögliche fantasien.// [[Unrast Verlag]], Münster, ISBN 3-89771-951-7. Reprint der Originalausgabe, erweitert um aktuelle Beispiele. [[http://www.unrast-verlag.de/unrast,2,67,6.html]] * Schwarze, Achim: //Spass-Guerilla – Die fröhliche Subversion aus dem Hausbriefkasten.// Eichborn-Verlag, Frankfurt/Main 1986, ISBN 3-8218-1062-9. * Autonome A.f.r.i.k.a. Gruppe, Luther Blisset, Sonja Brünzels, Handbuch der Kommunikationsguerilla, Verlag Libertäre Assoziation, Verlag der Buchläden Schwarze Risse und Rote Strasse, Hamburg 1997. ISBN 3-922611-64-8. ===== Quellen ===== * [[http://deu.anarchopedia.org/Spassguerilla|Anarchopedia: Spassguerilla]] * [[https://de.wikipedia.org/wiki/Spa%C3%9Fguerilla|Wikipedia: Spaßguerilla]] {{tag>eristokratie:nokixel:tag:spassguerilla eristokratie:nokixel:tag:kommunikationsguerilla eristokratie:nokixel:tag:aktionismus eristokratie:nokixel:tag:anarchie eristokratie:nokixel:tag:guerilla}}